Fudge – Diese Spezialität sollten Sie probieren! Denn ohne Fudge ist ein Besuch auf Mackinac Island nicht komplett. Die reichhaltige Schlemmerei ist DAS kulinarische Wahrzeichen der Insel und kaum ein Tourist verlässt Mackinac ohne eine Tüte mit Fudge im Gepäck. Die Geschichte von Fudge auf Mackinac Island beweist, dass das Handwerk der Segelmacherei und der Konfektherstellung eine äußerst erfolgreiche Verbindung eingehen können, deren Erfolg bis heute ungebrochen ist.
Nicht umsonst schmückt man sich hier mit dem Beinamen ‚Amerikas Fudge-Hauptstadt‘. Das ist ein großer Titel für eine kleine, wenig bekannte Insel mit 500 Einwohnern und ohne Autos, die im Lake Huron in den USA zu finden ist. Doch er trifft zu! Alljährlich im August huldigen Einwohner und Besucher gleichermaßen auf Mackinac Island der süßen Verführung mit dem dreitägigen Mackinac Fudge Festival. Was ist Fudge und was ist das Besondere daran?
Inhaltsverzeichnis
Fudge – Eine historische Schummelei?
Woher die Bezeichnung ‚Fudge‘ kommt, weiß keiner so recht. Das Wort selbst bezeichnet im Englischen umgangssprachlich eine Schummelei oder Fälschung. Der Legende nach soll der Ursprung in den USA liegen und zurückzuführen sein auf einen Zuckerbäcker. Ihm war das Rezept für seine Karamellbonbons missglückt und weil er die fertige Masse wohl nicht wegwerfen wollte, verkaufte er das Ergebnis als Schummelei, als Fudge, ohne zu ahnen, welch unglaubliche Erfolgsgeschichte er damit in Gang setzen sollte.
Der erste dokumentierte Verkauf dieses Konfekts stammt aus dem Jahr 1886. Den Nachweis erbringt ein Brief, den man in den Archiven des Vassar College, einer einstigen Frauen-Elitehochschule im Bundesstaat New York, fand. Die Verfasserin dieses Briefes, Emelyn Battersby Hartridge, berichtete darin, dass die Cousine einer Mitschülerin 1886 in Baltimore Fudge herstellte und das Pfund für 40 Cents verkaufte. Frau Hartridge war neugierig geworden und erbat sich von ihr das Rezept. Für eine Veranstaltung am Vasser College produzierte sie dann 30 Pfund davon. Die Nachfrage war riesengroß, das Rezept wurde weitergegeben, andere Colleges zogen nach und so verbreitete sich das neue Naschwerk im ganzen Land und später in alle Welt.
Fudge – Eine Kalorienbombe, aber eine Sünde wert
Am besten denken Sie beim Genuss von Fudge nicht an die Kalorien oder lassen sich aus diesem Grund gar von einem Genuss abhalten! Sie wissen nicht, welch delikate Offenbarung Ihnen da entgehen würde!
Es ist eine weiche Toffee- oder Karamell-Spezialität. Das Besondere an dieser delikaten Verführung ist ihre Konsistenz: weich, ein wenig mürbe und im Mund zart schmelzend, während die Geschmacksknospen auf Ihrer Zunge die verschiedenen Aromen langsam wahrnehmen. Gut zu wissen ist auch, dass Fudge wegen seiner besonderen Konsistenz keine Gefahr für Ihre Zahnplomben ist.
Die Basis für dieses Konfekt besteht aus Zucker, Butter und Sahne. Je nach Sorte kommen dann ‚zu allem Übel‘ auch noch weitere Zutaten in die Masse wie Nüsse, Schokolade, Trockenfrüchte, Vanille und und und. Die Auswahl ist Legion.
Wie macht man Fudge?
Die Hauptzutaten werden in einem großen Kupferkessel unter ständigem vorsichtigen Rühren über längere Zeit langsam erhitzt, dürfen aber nicht gekocht werden. Dann werden die Aromen hinzugefügt. Eine bestimmte Temperatur darf nicht überschritten werden, da sonst die Fudge-typische einzigartige Konsistenz verloren geht. Die Herstellung erfordert Geduld, Fingerspitzengefühl und auch Erfahrung. Natürlich schwört jeder ‚Fudge Maker‘ auf sein Geheimrezept, das meist von einer Generation auf die nächste weitergegeben wird.
Nun geht es erst richtig los: Wenn die Masse fertig ist, wird sie auf große Marmorplatten gegossen. Dort wird sie während des Abkühlens weiterbearbeitet und abschließend zurechtgeschnitten. Auf Mackinac Island wird die opulente Süßigkeit nicht – wie anderweitig üblich – in kleinen Konfekt-Stückchen verkauft, sondern in großen, 1-2 cm dicken Scheiben. In den Geschäften haben Sie häufig Gelegenheit, den Profis bei der Arbeit über die Schulter zu schauen und ihren geschickten Umgang mit der delikaten Masse zu bewundern.
Fudge auf Mackinac Island – Eine Nascherei macht Karriere
Im 19. Jh. kamen immer mehr Besucher nach Mackinac Island und die Insel wandelte sich von einer Zentrale des Pelzhandels in eine begehrte Sommerfrische. Mit den Touristen wuchs nicht nur die Zahl der Beherbergungsbetriebe, sondern auch die Zahl der Geschäfte, die indianische Kuriositäten anboten wie Matten aus Schilfrohr, Püppchen aus Maisschalen und dazwischen verschiedenes Zuckerwerk, wie man es damals mochte.
So begann die süße Karriere der Insel. Zunächst wurden Bonbons aus Ahornsirup verkauft. Damit sie bei den Touristen besser ankamen, setzte man sie in putzige kleine Indianer-Kanus aus Birkenrinde. Im Lauf der Zeit wurde das Angebot stetig erweitert. Doch waren es damals noch keine typisch lokalen oder gar frisch produzierte Naschereien, die einen Bezug zu Mackinac Island aufwiesen. Diese grandiose Idee hatte erst Henry Francis Murdick.
Familie Murdick – Wie Fudge nach Mackinac Island kam
Henry Francis Murdick stammte aus Vermont und war eigentlich gelernter Bootsbauer und Segelmacher. 1877 war er mit seiner jungen Familie nach Michigan gezogen und hatte in Mt. Clemens ein Süßwarengeschäft eröffnet. Dort verkaufte er Zuckerwerk, das er unter anderem nach einem Rezept seiner Frau herstellte.
Als das Grand Hotel auf Mackinac Island gebaut wurde, wurde er damit beauftragt, die Markisen aus Segeltuch für das Hotel anzufertigen.
Bald begriff er, dass sich ihm auf der Insel gleich zwei perfekte Chancen boten:
- Der aufblühende Tourismus auf Mackinac Island schuf die Voraussetzung für einen weiteren Bonbonladen auf der Insel, den er dann 1889 in der Main Street startete. Das Geschäft mit den Sommertouristen, die die Fährschiffe täglich ausspuckten, boomte.
- Die zahlreichen Besucher, die auf Mackinac Island kamen, brauchten etwas für ihren Zeitvertreib. Deshalb wandte sich Vater Murdick wieder verstärkt seiner früheren Leidenschaft, dem Bootsgeschäft zu und gründete einen Bootsverleih für Rundfahrten und Segeltouren.
Sein Sohn Rome dagegen konzentrierte sich auf die zuckrigen Naschereien und begann mit der Produktion von Fudge nach einem Rezept seiner Mutter Sara. In der Folgezeit siedelten sich weitere Läden an, die sich ebenso auf unterschiedliche Süßwaren spezialisierten.
Die Krise in der ersten Hälfte des 20. Jh.
Mit dem 1. Weltkrieg brachen die Geschäfte radikal ein, an Urlaub dachte niemand mehr. Die Produktion stand still, Zucker war streng rationiert und exorbitant teuer.
Während der Großen Depression und dem folgenden 2. Weltkrieg sah es dann noch schlimmer aus. Sommerferien wurden zum unerreichbaren Luxus und die Touristen blieben aus. Fast alle Läden auf Mackinac Island mussten schließen, nur ein einziger blieb geöffnet – Murdicks Geschäft. Um das Business nach dem Krieg wieder anzukurbeln und Menschen in den Laden zu locken, hatten Murdicks Söhne die raffinierte Idee, den aromatischen Duft der heißen Karamell-Masse mit Hilfe der Küchenventilatoren nach draußen zu leiten.
Diese Art der Verführung funktionierte bestens, die Menschen schnupperten erstaunt, realisierten, woher der Duft kam, betraten den Laden und bekamen dort gleich eine Überraschung serviert: Sie konnten hautnah zusehen, wie das softe Konfekt vor ihren Augen von Hand frisch hergestellt wurde. Für damalige Zeiten etwas absolut Außergewöhnliches. Denn der ‚Zuckerbäcker‘ inszenierte daraus eine unglaubliche Show.
Sobald die fertige Masse aus dem großen Kupferkessel auf die Marmorplatte gegossen war, fing er an, sie mit einer Spachtel zu bearbeiten. Kurz bevor sie über den Rand der Platte lief und die Zuschauer schon nervös vor Spannung zusammenzuckten, fing er die Zucker-Sahne-Butter-Masse geschickt ein und faltete sie immer wieder, bis sie während des Abkühlens fester wurde und in die endgültige Form gebracht werden konnte. Den Zuschauern lief dabei das Wasser im Munde zusammen und was geschah? Natürlich kauften sie hinterher ein Stück der leckeren Spezialität. Bis heute hat sich an diesem Prozedere fast nichts geändert.
Auch wenn Murdick immer wieder versuchte, etwas anderes als Fudge zu verkaufen, musste er feststellen, dass diese delikate Spezialität der absolute Hit war und blieb. 1923 ließ er sie sich unter der Bezeichnung ‚Murdick’s Famous Fudge‘ sogar patentieren. Heute wird es nicht nur auf Mackinac Island verkauft, sondern auch im ganzen Land verschickt. Mittlerweile gibt es sogar eine Filiale im US-Bundesstaat Massachusetts auf der berühmten Insel Martha’s Vineyard.
Im Lauf der Jahre siedelten sich weitere Geschäfte auf Mackinac Island an, die Schokolade und Konfekt aller Art anboten. Sie alle trugen dazu bei, das gehaltvolle Naschwerk von der kleinen Insel berühmt zu machen. Der Name ‚Mackinac Fudge‘ gilt mittlerweile als Qualitätsmerkmal für dieses Produkt.
Heute gibt es auf Mackinac Island sechs verschiedene Hersteller: Murdick, May, Joan, Murray, Sander und Ryba.
Harry Ryba – Der Fudge-König von Mackinac
Harry Ryba eröffnete sein erstes Geschäft 1960 auf der Insel und schuf die endgültige Verbindung zwischen Fudge und Mackinac Island. Er war wohl ein echtes Marketing- und Verkaufsgenie. Er begann mit Werbung im Radio, verlagerte die publikumsträchtige Produktionsvorführung ins Schaufenster seines Geschäftes und kreierte unzählige neue und ungewöhnliche Geschmacksrichtungen.
Nach einiger Zeit begann er, sein Produkt ein paar Cents teurer zu verkaufen als die Konkurrenz, um damit potentiellen Kunden zu suggerieren: ‚Schaut her, mein Fudge kostet zwar ein bisschen mehr, aber dafür bekommt ihr auch mehr, nämlich ein absolutes Premium-Produkt.‘
Daraus resultierte später ein ganz und gar ungewöhnlicher Werbe-Gag: Wer sich bereit erklärte, 2.250 US$ im Voraus zu bezahlen, der sollte monatlich drei Pfund dieser reichhaltigen Köstlichkeit erhalten – und zwar lebenslänglich! Also bis zum Tod des Kunden oder des Firmenbesitzers. Harry Ryba wurde immerhin 88 Jahre alt.
Gerichtliche Klagen seiner Konkurrenten ließen ihn kalt. Als die Anzahl der Fudge-Läden in den 1960ern wuchs, meinte er nur lapidar: „Je mehr solcher Läden es gibt, um so mehr verkaufen wir alle. Das ist Massen-Psychologie.“ Seine Worte waren geradezu hellseherisch und er sollte Recht behalten. Bis in unsere Tage ist die Nachfrage nach Fudge ungebrochen.
Nicht zuletzt deshalb bekamen die Besucher von Mackinac Island den liebevollen Spitznamen ‚Fudgies‘ verpasst. Heute ist dieser Spitzname ein Synonym geworden für die Touristen im nördlichen Michigan und anderen Regionen des Landes.
Fudge heute
In USA wird der kalorienreichen Nascherei alljährlich am 16. Juni gedacht. Dann wird der ‚National Fudge Day‘ gefeiert.
Allein auf Mackinac Island werden während der Sommersaison durchschnittlich fünf Tonnen der kalorienreichen Insel-Spezialität täglich hergestellt. Es gibt 13 Fudge-Läden und pro Woche werden dafür 10 Tonnen Zucker auf die Insel geliefert. Der Verkaufserlös geht in die Millionen. Ein Ende ist nicht in Sicht!
Welche Sorte ist die beliebteste? Natürlich Schokolade, entweder mit Nüssen oder ohne. Doch wer heute in einem solchen Geschäft steht, hat die Qual der Wahl, ich entdeckte sogar eine Sorte mit ‚German Chocolate‘.
Rekordverdächtiges Prachtstück
Das delikate Naschwerk fand auch Eingang ins Guinness-Buch der Rekorde:
2010 produzierte die Firma Northwest Fudge Factory in Levack / Ontario, Kanada, das größte Stück Fudge der Welt. Es wog 2,61 Tonnen, die Herstellung dauerte 1 Woche und bestand aus den Sorten Vanille, Schokolade und Maple.
Mein persönlicher Tipp zum Schluss:
Wer einmal nach Mackinac Island kommt und diese Köstlichkeit kaufen will, kann das auch in größeren Mengen tun. Das Konfekt lässt sich nämlich ohne Probleme zuhause in passenden Portionen einfrieren. Ein, zwei Stückchen nach dem Essen zu einer Tasse Espresso sind ein grandioser Abschluss eines schönen Essens und lassen zudem von Mackinac Island träumen.
Wer sich nicht entscheiden kann, welche Sorte er kaufen soll – keine Sorge – man darf probieren. Auch wenn Sie nichts kaufen wollen, schauen Sie trotzdem in eines der Geschäfte hinein. Sie werden eine nostalgische Überraschung erleben: Manche sind wunderschön eingerichtet im Stil eines antiquierten Tante-Emma-Kaufladens mit altmodischer Waage, Blümchentapete und Jugendstillampen.
Sie mögen kein Fudge? Dann sollten Sie einmal das unvergleichliche einzigartige Karamell-Popcorn probieren. Ich selbst bin zwar kein Popcorn-Fan, aber da ich schon soviel davon gehört hatte, wollte ich es wenigstens einmal testen. Und was soll ich Ihnen sagen: Es kam frisch und warm in die Tüte und es hat mir sehr leid getan, dass ich mich vorsichtshalber nur für die kleinste Tütengröße entschieden hatte.
Fazit:
Die kleine Insel Mackinac Island ist nicht nur ein Ort, wo die Nostalgie zuhause ist, sondern auch ein Ort, an dem es an süßen Sünden definitiv nicht mangelt. Man kann das schlechte Gewissen aber wunderbar beruhigen, indem man vor oder nach dem reichlichen Genuss von Fudge eine Fahrradtour rund um das Eiland absolviert.