Die Westfjorde in Island – isländisch Vestfirdir – lassen sich mit nur wenigen Adjektiven beschreiben: wild, einsam, grandios, spektakulär. Und Isafjördur, der mit knapp 3.000 Einwohnern größte Ort in der Region der Westfjorde in Island schmückt sich mit dem Beinamen der abgelegensten Stadt der Welt. Wer die Westfjorde in Island besucht, den beschleicht vielleicht bald das Gefühl am Ende der Welt gelandet zu sein. Sie zählen nicht eben zu den bekanntesten Urlaubsregionen der Vulkaninsel Island.

Touristen lassen die Region der Westfjorde eher links liegen, zumal sie geographisch betrachtet, auch am weitesten entfernt liegen von allen übrigen Sehenswürdigkeiten auf Island. Die Westfjorde sind die isolierteste Region Islands. Am besten nähert man sich dem Landstrich der Westfjorde von Isafjördur aus. Denn der Hauptort Isafjördur gilt als das Tor zu den Westfjorden in Island.

Die Westfjorde in Island – wild und spektakulär

Die Westfjorde – isländisch Vestfirdir – sind eine unglaublich zerklüftete Landschaft. Die große Halbinsel im Nordwesten Islands gelegen, erinnert in ihrer Form an eine große Tierpranke. Etwa 50 tief ins Land eingeschnittene Buchten und Fjorde ergeben ein spektakuläres Bild. Die Halbinsel der Westfjorde ist nur über eine ca. 7 km schmale Landbrücke mit dem Rest von Island verbunden.

Wer sich die Westfjorde als Reiseziel auserkoren hat, sollte genug Zeit einplanen. Denn die Fahrtstrecken führen eher selten auf direktem Weg von A nach B, sondern zumeist um die weit verzweigten Fjorde herum. Doch dadurch bekommt man auch einzigartige Einblicke in die grandiose Landschaft der Westfjorde, hier ist tatsächlich noch der Weg das Ziel. Da die Straßen in der Region der Westfjorde nicht durchgehend gut ausgebaut sind, sondern oft nur einfache Schotterstraßen, entschleunigt sich das Reisetempo zwangsläufig.

Die Entstehung der Westfjorde in Island – Trolle oder Geologie?

Die Isländer, die auch im 21. Jh. an Elfen glauben und für die Sagen und Trolle zum Alltag gehören, haben natürlich auch für die Entstehung der Westfjorde ihre ganz eigene Erklärung. So sollen einmal drei Trolle eine tiefe Schneise gegraben haben, um die Westfjorde vom restlichen Island abzutrennen. Doch die Drei waren so emsig am Graben, dass sie von der aufgehenden Sonne überrascht wurden. Da Trolle sich aber dem Sonnenlicht nicht aussetzen dürfen, wurden sie sofort an Ort und Stelle von der Sonne zu Stein verwandelt. Und so sitzen die mythischen Gestalten noch heute dort und schauen wehmütig aufs Meer hinaus.

Die korrekte Erklärung für die Entstehung ist natürlich ungleich mehr prosaischer. Vom geologischen Standpunkt betrachtet, sind die Westfjorde (Vestfirdir) die älteste Region Islands. Sie entstanden im Rahmen einer ganzen Reihe von Vulkanausbrüchen vor 14-16 Millionen Jahren. Die mächtigen Gletscher der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren gruben tief ausgehöhlte Täler und Fjorde in die Landschaft, die heute von hohen Basaltbergen unrahmt werden.

Die Landschaften dieser Region haben im Vergleich zu den übrigen Landschaften der Insel ihren ganz eigenen und individuellen Charakter. Da es aufgrund des geologischen Alters in dieser Region schon längst keine vulkanischen Aktivitäten mehr gibt, findet man heute statt bizarrer und unwirtlicher karger Lavalandschaften grüne Wiesen. Nur einige heiße Quellen erinnern noch an die einstige geothermale und vulkanische Aktivität.

Westfjorde – Steilküste, Gletscher und Strand

Das Meer hat im Lauf von Jahrtausenden eine grandiose fast 14 km lange Steilküste geschaffen, deren Klippen bis über 400m erreichen und senkrecht ins Meer abfallen.

In dieser rauhen Landschaft steht Latrabjarg, der höchste Vogelfelsen im Nordatlantik.
Zahlreiche Seevögel nisten hier. Neben Möwen, Basstölpeln, Tordalken, Trottellummen und Eissturmvögeln finden sich im Sommer tausende von Papageitauchern. Ein Grund für die reiche Vogelwelt ist, dass die Fischgründe in den Fjorden sehr reich sind und damit für die Seevögel ausreichend Nahrung im Angebot haben.

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In den Westfjorden findet man außerdem einen mächtigen Gletscher, den fast 1.000 m hohen Drangajökull und Raudisandur – einen rötlich schimmernden kilometerlangen Strand. Raudisandur, also roter Sand, das ist ein eher ungewöhnlicher Anblick auf einer Vulkaninsel. Statt schwarzem Lavasand besteht der Raudisandur Strand aus rötlichem Muschelsand. Es handelt sich dabei um die Isländische Kammmuschel, die zwar überall in Island vorkommt, aber gerade hier die besten Lebensbedingungen gefunden und sich dementsprechend vermehrt hat.

Die Muschel bevorzugt felsigen Untergrund, an dem sie Halt findet. Die braun-rötlichen Schalen der abgestorbenen Muscheln wurden von Wind und Wetter im Lauf der Jahrtausende zu feinem Sand schliffen. Wer sich auf den Weg dorthin machen möchte, sollte sich allerdings vorher über die Zeiten von Ebbe und Flut informieren, sonst könnte es sein, dass man bei Flut den Strand nicht in seiner ganzen Schönheit genießen kann.

Die Westfjorde in Island – eine Herausforderung für die Menschen

Die Westfjorde mögen zwar abgelegen und isoliert sein, aber die Landschaft dort zählt zu den unberührtesten und spektakulärsten. Nichtsdestotrotz flößt gerade diese oft dramatische Landschaft dem Menschen eine gehörige Portion Respekt ein.

Selbst das Wetter ist in diesem Gebiet eine Herausforderung. Über das Wetter sagte ein Isländer einmal: „Hier treffen ständig Hoch- und Tiefdruckgebiete aufeinander. Das Wetter in den Westfjorden ändert sich quasi mit jedem Augenzwinkern.“ Das ist noch nicht einmal übertrieben. Das Wetter ist hier tatsächlich rauer als im übrigen Island, denn der Landstrich wird vom kalten Grönlandstrom beeinflusst. Die Wetterumschwünge erfolgen oft wirklich rasant.

Die Winter in den Westfjorden in Island sind meist sehr schneereich und auch einsam. Denn die Straßen werden nicht regelmäßig geräumt und sind zudem auch oft über den Winter gesperrt. Dann sind die Menschen dort von der Außenwelt abgeschnitten. Zusätzlich droht durch die steilen Berge häufig Lawinengefahr. Ein trauriges Beispiel dafür ist der kleine Ort Flateyri. Dort ereignete sich im Winter 1995 ein schweres Lawinenunglück und es gab 20 Tote.

Leider gab es damals den heutigen Tunnel nach Isafjördur noch nicht, deshalb gestaltete sich die Rettung furchtbar schwierig. Die Menschen in Flateyri blieben zunächst auf sich allein gestellt. Es dauerte mehrere Stunden, bis die Retter per Boot durch den Fjord nach Flateyri zu Hilfe eilen konnten.

Das Leben in den Westfjorden auf Island

Die abgeschiedene Lage der Westfjorde in Island bringt es mit sich, dass hier – verglichen mit dem Rest Islands – nur wenige Menschen leben. Etwas über 7.000 Menschen teilen sich eine Fläche von knapp 9.500 km².

Hinzu kommt, dass es nur wenig Möglichkeiten gibt, das Land zu bestellen. Um genug zum Leben zu haben, waren die Menschen gewzungen, meist zwei Berufen gleichzeitig nachzugehen: Bauern und Fischer. Denn die Westfjorde waren einst für ihren Fischreichtum bekannt. Neben dem Tourismus sind die Landwirtschaft und die Fischerei bis heute die zwei wichtigsten wirtschaftlichen Standbeine in den Westfjorden.

Hornstrandir – Einsamkeit pur in den Westfjorden

Faszinierende Landschaft, gewaltige Steinklippen und Einsamkeit pur kennzeichnen Hornstrandir, die nördlichste Halbinsel der Westfjorde in Island. Von hier aus sind es nur noch etwa 300 km bis nach Grönland. Die Gegend ist absolut einsam und verlassen gelegen. Als die großen Fischschwärme ausblieben verließen die Menschen die Region endgültig, die letzten in den 1950ern. Die Bevöllkerungszahl von etwa 500 sank auf Null.

Nur die verlassenen Höfe dort erinnern noch an sie. Das ehemalige Fischerdorf Hesteyri ist ein regelrechtes Geisterdorf, das bis heute nur per Boot erreicht werden kann. Die Besitzer oder ihre Nachkommen benutzen die Häuser lediglich noch im Sommer oder vermieten sie an Wanderer, die die Einsamkeit hier genießen.

Seit 1975 ist Hornstrandir ein Naturreservat, noch nicht einmal Pferde sind dort erlaubt. Da es kaum mehr Menschen gibt, hatte die Natur die Möglichkeit, sich ungestört zu entwickeln. So finden sich hier Pflanzen, die es im übrigen Island nirgendwo gibt.

Westfjorde in Island – Der Polarfuchs in Hornstrandir

In der abgelegenen Landschaft von Hornstrandir kann es dem aufmerksamen Wanderer durchaus passieren, dass er einen Polarfuchs zu sehen bekommt. Polarfüchse finden hier genug Nahrung und sie haben keine natürlichen Feinde. So konnte sich im Lauf der Jahre eine große Population des Polarfuchses entwickeln. Auffallend ist auch, dass die Tiere recht neugierig sind und vor Menschen weniger Scheu haben als von Natur aus üblich.

Das bestätigte mir sogar ein Guide, mit dem ich unterwegs war. Er erzählte mir, dass er in den Westfjorden ein abgelegenes Ferienhaus hätte und dass er eines Tages, als er gerade aus dem Haus gehen wollte, direkt vor seiner Haustür einen Polarfuchs sitzen sah. Ich dachte schon, er wollte mir einen Bären aufbinden, doch er bewies mir den tierischen Besuch auch mit einem Foto auf seinem Mobiltelefon.

Der Polarfuchs ist im übrigen auch das einzige Landsäugetier, das es schon vor den ersten Siedlern auf Island gab. Er ist gewissermaßen der erste Ureinwohner Islands und perfekt angepasst an seine Umgebung. Er wechselt die Farbe seines Felles – im Sommer braun, im Winter weiß und gegen die eisigen Temperaturen hat er sogar an den Pfoten Fell. Das verhindert das Rutschen beim Laufen auf Eis.

Wissenschaftler haben bei ihren Untersuchungen sogar herausgefunden, dass die isolierenden Eigenschaften des Winterpelzes die besten von allen Säugetieren sind. Immerhin kann der Polarfuchs eisige Temperaturen von bis zu -50°C aushalten. Sie haben sehr gute Ohren, mit denen sie sogar Beute hören können, die sich versteckt unter dem Schnee befindet. Wegen ihres besonders dichten und warmen Fells waren sie früher bei Pelztierjägern eine heiß begehrte Beute, die gute Preise einbrachte.

Isafjördur – das Tor zu den Westfjorden

Isafjördur ist die ‚Hauptstadt‘ der Westfjorde – vielleicht sollte man eher sagen, das ‚Hauptdorf‘. Doch mit knapp 3.000 Einwohnern lebt hier ungefähr ein Drittel aller Menschen in den Westfjorden. Isafjördur liegt recht spektakulär auf einer Sandbank, die tief in den Fjord hineinreicht. Es wurde bereits im 16. Jh. von dänischen Kaufleuten gegründet und die Basis für den Wohlstand war Fisch – Kabeljau, der hier in großen Mengen gefangen und getrocknet wurde. Im 19. Jh. erhielt der Ort dann das Stadtrecht und aus dieser Zeit stammen auch noch einige der historischen Holzhäuser. Schön restauriert und farbenfroh bemalt, tragen sie bei zum idyllischen Flair von Isafjördur und bilden gleichzeitig einen Kontrast zu den modernen Gebäuden. Dazu zählt auch die Kirche von Isafjördur.

Stadtleben in Isafjördur – Gestern und Heute

Auch wenn Isafjördur in den einsamen Westfjorden von Island liegt, hielt das die Menschen schon in früheren Zeiten nicht davon ab, ein lebhaftes gesellschaftliches Leben zu pflegen. In der Stadt gab es mehrere Vereine und sogar ein Blasorchester, einen Fußballverein und auch der Skisport wurde mit großer Begeisterung gepflegt. Schnee gab und gibt es bis heute genug.

Im 21. Jh. kommt immer mehr der Tourismus in Gang. In den Sommermonaten kommen zahlreiche Kreuzfahrtschiffe hierher und dann füllt sich Isafjördur mit Leben. Doch vom Trubel einer Großstadt ist es trotzdem noch immer weit entfernt. Hier gehen die Uhren einfach ein wenig langsamer. Vielleicht macht gerade das den Reiz von Isafjördur aus.

Immerhin hat Isafjördur sogar einen Flughafen, dessen Landebahn ein wenig abenteuerlich eingeklemmt ist zwischen steil abfallenden Bergen und dem Fjord. Und während Isafjördur früher im Winter oft isoliert und auf dem Landweg nicht erreichbar war, gibt es heute immerhin einen Tunnel durch den Berg, der die Anfahrt etwas erleichtert. Wer von Isafjördur in den Westfjorden in die Hauptstadt Islands, Reykjavik will, hat trotzdem eine ordentliche Strecke vor sich – 454 km. Man sieht, die Westfjorde sind wahrlich ein abgelegener Landstrich.

Westfjord Maritimes Museum

Das Westfjord Maritime Museum ist die wichtigste Sehenswürdigkeit in Isafjördur. Dort kann man wunderbar eintauchen in die Geschichte von Isafjördur und des Fischfangs in den Westfjorden in Island. Das Museum wurde in einem ehemaligen Lagerhaus eingerichtet. Es ist eines der ältesten Gebäude von Isafördur, in dem später auch Klippfisch verarbeitet wurde. Die alten Gleise vor dem Eingangsbereich zeugen noch davon. Sie dienten dazu, die mit Fisch beladenen Wagen zum Trocknen nach draußen zu schieben.

Es war ein weiter Weg von den Anfängen der Fischerei mit offenen Ruderbooten aus Holz bis zu den ersten Segelschiffen, gefolgt von den Motorbooten und letztendlich dann die Zeit der großen Fischtrawler. Das ging gut bis dann Ende der 1990er die Fanggründe restlos überfischt waren.

Der moderne Zebrastreifen von Isafjördur

Auch wenn Isafjördur weitab vom Schuss liegt, ist man verkehrstechnisch ganz in der Moderne angelangt. Offensichtlich pflegen die Isländer einen flotten Fahrstil, gerne auch innerorts. Um dem einen Riegel vorzuschieben, wurde bereits 2018 ein ganz besonderer Zebrastreifen angelegt – im 3D-Format. Wer nach Isafjördur hineinfährt, muss daran vorbei, stutzt zunächst und bremst dann heftig. Der Fahrer hat das Gefühl, auf große weiße Blöcke zuzufahren, die quer über die Straße verlegt sind und die Durchfahrt verhindern.

Doch der Eindruck täuscht und erfüllt damit genau den gewünschten Zweck – eine Verlangsamung der Fahrt. Die weißen Blöcke sind lediglich eine optische Täuschung. Die üblichen auf die Straße aufgemalten weißen Streifen werden mit grauen und schwarzen Farbschattierungen versehen, die bei der Anfahrt den Eindruck von echten weißen dreidimensionalen Blöcken erwecken. Beim Näherkommen löst sich diese Täuschung dann auf. Bei meinem Besuch stellte ich fest, dass so manche Touristen diesen 3D-Zebrasteifen für witzige Trickfotos nutzten.

Fazit:

Wer Island besucht, sollte sich unbedingt genug Zeit nehmen, nicht nur für die Hauptsehenswürdigkeiten, sondern auch für die Highlights, die abseits der touristischen Rennstrecken liegen – wie die Westfjorde. Sie sind ein Traum für Naturliebhaber und eine Art Geheimtipp, da der Tourismus dort noch immer ein wenig in den Kinderschuhen steckt. Am besten gelingt der Einstieg in Isafjördur, das nicht nur die abgelegenste Stadt von ganz Island ist, sondern auch das Tor zu den grandiosen Westfjorden.

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